Zu Fuss durch das besetzte Gebiet

Zu Fuss durch das besetzte Gebiet


Blickpunkt Bethlehem, Nr. 66 - Interview

George Rishmawi, Gründer des Palestinian Heritage Trail, hat Palästina schon in alle Richtungen durchwandert (oben).

Foto: © George Rishmawi

 

Seit einigen Jahren entdecken palästinensische Initiativen den sanften Tourismus. Der Palestinian Heritage Trail (PHT) ist einer von ihnen. Er bietet eine andere Perspektive auf das palästinensische Leben und ermöglicht einen unverfälschten Blick auf Land und Leute.


Interview von Richard Asbeck

Was ist der Palestinian Heritage Trail?

Der Palestinian Heritage Trail ist ein 500 Kilometer langer Fernwanderweg und zeigt die ganze Fülle Palästinas: das archäologische Erbe, die biologische Vielfalt, die Religionen, aber auch die unterschiedlichen Lebensweisen in Städten, Dörfern und Beduinensiedlungen. Der Wanderweg verbindet 60 palästinensische Dörfer und Städte und schafft Einkommen für 100 Familien, 50 Tourguides und 35 Frauenzentren, die lokale Produkte für den Verkauf an die Reisenden herstellen.
 

Was macht der Verein zur Pflege des Trails konkret?

Der Verein Palestinian Heritage Trail ist in drei Bereichen tätig: Zunächst entwickeln und markieren wir Wanderwege und sichern sie ab. Aber wir fördern auch die Kapazitäten von lokalen Gemeinden und helfen Familien, Unterkünfte für die Wandergruppen zu erschliessen. Schliesslich vermarkten wir den Wanderweg mit Hilfe der französischen Entwicklungszusammenarbeit. Frankreich unterstützt uns mit einem Train-the-Trainer-Programm in den Alpen, um palästinensische Guides fortzubilden.
 

Wer nutzt den Wanderweg?

70 Prozent sind Einheimische und 30 Prozent sind Ausländer. Am Anfang haben viele Leute gelacht und geglaubt, dass in Palästina niemand wandern geht. Jetzt erreichen wir so viele Menschen! Wir zeigen ihnen dabei auch, wie man die Natur schützt.
 

Welches Feedback erhalten Sie von internationalen Gästen?

Wir erhalten positive Rückmeldungen über die vielseitige Landschaft, die Gastfreundschaft und das grosse Wissen unserer Reiseleiter. Der Trail ist der abwechslungsreichste Wanderweg Palästinas und führt direkt durch Bethlehem. Die ausländischen Gäste sind allerdings auch schockiert, wenn sie erleben, wie stark die Besatzung das alltägliche Leben der Palästinenserinnen und Palästinenser beeinträchtigt. Wir erhalten aber auch negative Rückmeldungen, die uns helfen, uns zu verbessern.
 

Zum Beispiel?

Besonders beim Naturschutz haben wir noch Nachholbedarf. Und viele ausländische Gäste verstehen beim gemeinsamen Abendessen mit palästinensischen Familien nicht, warum so viel Essen aufgetischt wird. Wer soll das alles essen? Das gibt zu denken!
 

Wo übernachten die Wanderer entlang des Weges?

Die Wanderer wohnen meist bei Gastfamilien, aber auch in kleinen Pensionen, Hotels, Beduinenzelten – selbst eine Höhle haben wir.

 

Ist der Wanderweg gefährlich?

Wenn man sich richtig vorbereitet: sicher nicht! Wir hatten noch nie einen Zwischenfall, weil die Touren von einheimischen Führern geleitet werden, die sich vor Ort gut auskennen. Es ist wie beim Bergsteigen in den Schweizer Alpen: Ohne gute Vorbereitung sollte man sich nicht allein auf den Weg machen.
 

Den Verlauf des Trails sehen Sie auf www.phtrail.org

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