
Mit Fleiss und Einsatz zu altem Glanz
Foto: © Shireen Khamis
Imad Nasser ist leitender Ingenieur im Komitee des palästinensischen Präsidenten Mahmud Abbas für die Renovation der Geburtskirche. Zehn Jahre lang hat er die aufwändigen Renovierungsarbeiten in seiner Heimatstadt überwacht.
Was war die grösste Herausforderung bei den Arbeiten an der Geburtskirche?
Dass wir die Kirche während der gesamten Renovierungsarbeiten offen halten konnten! Die Kirche wird ja nicht nur von unterschiedlichen Religionsgemeinschaften genutzt, die ihre jeweils eigenen Messen und Liturgien feiern. Uns besuchten zudem vor Corona zwei Millionen Touristen pro Jahr. Darüber hinaus wird jeder ausländische Präsident und jeder hochrangige Gast durch die Kirche geführt. Trotz all dieser Beanspruchung des Gebäudes haben wir zehn Jahre lang die Kirche von oben bis unten renovieren können.
Und was wurde alles renoviert?
Praktisch alles. Es war das grösste Renovierungsprojekt seiner Art in Palästina. Nachdem wir ein riesiges Gerüst im Innern der Kirche aufgestellt hatten, haben wir beginnend vom Dach die Renovierung durchgezogen. Und wenn Sie einmal mit einer Renovierung begonnen haben, trifft man auf viel Unvorhergesehenes. Die Renovierung haben wir gemäss den internationalen Standards der UNESCO umgesetzt. Ich würde sagen, dass wir bisher 90 Prozent der Arbeiten abschliessen konnten. Jetzt müssen wir nur noch den Vorplatz vor dem Eingang und ein paar Böden renovieren. Und natürlich noch das Renovierte erdbebensicher machen, denn wir leben in einer seismisch sehr aktiven Region.
Worauf sind Sie persönlich besonders stolz?
Wir konnten so viel retten! In der Kirche wurde über viele Jahrzehnte nicht systematisch renoviert. Aber nun haben wir die Fundamente aus dem vierten und sechsten Jahrhundert gefestigt und mit dem neuen Dach alle Mosaike, Holzarbeiten und Fresken vor Feuchtigkeit und Staub geschützt. An zukünftige Herausforderungen haben wir auch gedacht. Auf dem Dach haben wir zum Beispiel Drahtseile gespannt, um bei Bedarf weitere notwendige Renovierungsarbeiten schnell und sicher umsetzen zu können.
Besuchen wieder mehr Touristen und Pilger die Geburtskirche?
Die Wirkung der Renovierung ist schon spannend: Leider erholt sich der Tourismus nur langsam von der Coronapandemie. Aber was wir bemerken, das sind die längeren Aufenthalte der Touristengruppen in Bethlehem. Es gibt viel in Bethlehem zu sehen, so dass hier auch wieder mehr Gruppen übernachten.
Und was sagen die Bewohnerinnen und Bewohner von Bethlehem über die renovierte Kirche?
Sie freuen sich sehr, sind stolz und denken, wir hätten so viel neues entdeckt! Das haben wir aber gar nicht. Vielfach mussten wir einfach jahrzehntealte Schichten von Russ entfernen – Rückstände der Tonnen verbrannter Kerzen und Weihrauchs – sowie die Mosaike von festgetretenem Schmutz befreien. Die Menschen hier gehen oft in die Gottesdienste, zu Hochzeiten oder Taufen – aber vor der Renovation blieb ihnen viel Schönes verborgen.
Also ist Bethlehem wieder eine Reise wert?
Das war die Stadt schon immer. Aber jetzt gibt es noch mehr zu sehen, da wir uns ständig verbessern. So wie auch das Kinderspital sein Angebot stetig ausweitet.