
„Kinder sind überall gleich“
Linard Bardill besuchte ein Kinderspital in der palästinensischen Stadt. Für den Liedermacher war es der erste Spital-Auftritt im Ausland.
Abdel Rahman war selig. Der gerade einmal vier Monate alte Junge nahm die Augen nicht von Linard Bardill. Mal lächelte er, mal reagierte er auf die fremden Klänge in original Schwiizerdütsch mit Erstaunen, mal bewegte er die Lippen, gerade so, als wolle er mitsingen. Der Bündner Liedermacher ging gestern im Bethlehemer Baby Hospital der Caritas von Zimmer zu Zimmer. Ganz natürlich ging er auf die !deinen Palästinenser zu. «Kinder sind auf der ganzen Welt gleich», resümierte der fünffache Vater.
40 Spital-Auftritte pro Jahr
Bardill ist Botschafter der Schweizer Stiftung Sternschnuppe, die es sich zum Ziel macht, Kindem und Jugendlichen mit einer Krankheit oder einer Behinderung etwas Freude zu bringen. Rund 40 Mal pro Jahr tritt der Liedermacher in Schweizer Spitälern auf. Der gestrige Besuch im Bethlehemer Baby Hospital war sein Debüt auf der internationalen Krankenhausbühne.
Keinesfalls zufällig fiel seine Wahl auf das Hospital der Caritas, das vor 63 Jahren von einem Schweizer Geistlichen gegründet wurde. Nie wieder sollte ein Baby in Bethlehem sterben, weil kein Arzt zur Verfügung steht. So wollte es Pater Ernst Schnydrig. Der Pater musste miterleben, wie ein Mann sein totes Kind im Schlamm vergrub. Erschüttert habe ihm der Mann berichtet, das Kind sei gestorben, weil es keinen Arzt in der Gegend gab. Der Walliser Geistliche überlegte nicht lange, sondern folgte seiner eigenen Devise: «Das Herz muss Hände haben.» Inzwischen ist aus seinem Engagement ein modernes Spital mit über 80 Betten geworden.
Bardill findet es grossartig, dass ausgerechnet ein Schweizer hinter diesem Projekt steht. «Wir haben doch so viel», sagt er. Gerade in Bethlehem ginge es um das Kind, so der studierte Theologe. Die Kinder sind die grössten Leidtragenden von der politischen Situation und der Besatzung. In den Palästinensergebieten, wo die Kindersterblichkeit nahezu dreimal so hoch. ist wie in Europa, ist das Caritas-Kinderspital von besonderer Wichtigkeit, denn es ist die einzige Spezialklinik für die ganz Kleinen. Nur etwa 10 Prozent der Kosten tragen die Patienten mit symbolischen Beiträgen selbst. Fast die Hälfte des jährlichen. Budgets setzt sich aus Schweizer Spenden zusammen.
Der Frosch, der immer Zeit hat
Mit Hilfe einer Übersetzerin erklärte Linard Bardill einem Mädchen und seiner Mutter das Lied vom Frosch, der immer Zeit hat und den beschäftigten Eltern gern ein wenig davon schenken würde. Die kleine Miran guckte entschieden weg von dem grossen Mann mit der roten Mütze. «Ich glaube, sie hat keine Lust», liess sich Bardill nicht entmutigen. So seien Kinder eben. «Wenn es ihnen zu viel wird, drehen sie sich weg.» Als Bardill für den kaum zwei Jahre alten Jadallah sang, der nur liegen kann und eine Atemhilfe braucht, hob der Junge sein Bein und bewegte es im Rhythmus. Behutsam nahm der Liedermacher anschliessend die !deine Hand des Jungen und führte sie über die Saiten der Gitarre. Nicht nur die Erfahrung von seinen Auftritten in Kinderspitälern ermöglicht es Bardill, unbefangen auf die !deinen Kranken zuzugehen. Er selbst hat einen 11-jährigen Sohn mit Down-Syndrom. «Ich rede mit den Müttern über mein eigenes Kind.»